Tobias Kübler setzt zwei Geschosse aufs Dach

In Esslingen ist ein Alters- und Pflegezentrum in kurzer Zeit um zwei Geschosse erhöht worden. Mit der Holzbauweise konnte die Aufstockung während des Betriebs realisiert werden. Das ausführende Unternehmen war die Kübler AG Holzbau aus Oetwil am See.

Text: Sue Lüthi, Bilder: Timbatec, Kübler AG Holzbau, Stiftung Loogarten, SL | Pläne: ASA AG, Kübler AG Holzbau | www.wirholzbauer.ch

Das Alters- und Pflegezentrum Loogarten in Esslingen (ZH) ist auf zwei Gebäude verteilt. Das eine wurde 1982 gebaut und vor 13 Jahren saniert. Das zweite Gebäude stammt aus dem Jahr 2009. Die beiden Bauten unterscheiden sich nicht nur im Alter, sondern weisen auch unterschiedliche Standards auf. Das veranlasste die Bauherrschaft, mithilfe einer Machbarkeitsstudie die Möglichkeiten zu prüfen. Verfolgt wurde die Idee der asa AG aus Rapperswil (SG), einen Ersatzbau für das ältere Haus zu planen und das neuere Gebäude aufzustocken. In einer ersten Etappe ist nun das zweigeschossige Haus um zwei weitere Geschosse erhöht worden. Ursprünglich planten die Architekten eine Aufstockung in konventioneller Bauweise, um die bestehende Gebäudestruktur zu erhalten. Die Bauherrschaft Stiftung Loogarten wählte in einem frühen Stadion eine Leichtbauweise. «Uns gefällt Holz», sagte der Geschäftsleiter Gregor Frei. «Und das Holz ist vom Pfannenstiel, gleich da oben», zeigte er zum Wald hinauf. Indem die Aufstockung in Holz realisiert wurde, konnte ein weiteres Geschoss aufgesetzt und damit die Kapazität der Bewohnerzimmer verdoppelt werden, ohne dass die bestehende Tragstruktur verstärkt werden musste. Heute bietet das Zentrum 63 Bewohnerzimmer und 9 Wohnungen für ältere Menschen aus den Gemeinden Egg (ZH) und Mönchaltorf (ZH) an. In einer weiteren Etappe soll das zweite Haus durch einen Neubau mit elf Alterswohnungen ersetzt werden. Im Moment ist dieses Projekt in Planung.

Grosse Spannweiten ohne Stützen

Die Aufstockung in Holzbauweise brachte mehrere Vorteile:  Die durchgehenden Massivholzdecken ermöglichen grosse Spannweiten ohne Stützen und Unterzüge. Die Grundrisse konnten so in den oberen beiden Geschossen übernommen werden. Die Decke über dem dritten Obergeschoss ist 28 Zentimeter stark. Die Deckenplatten hatten die Holzbauer nach Vorgabe der Holzbauingenieure in der Produktionshalle vorbereitet und versetzt. Auf der Baustelle verklebten zwei Spezialisten der Timbatec AG die Decken (siehe Kasten). Diese sind – wie auch die Innenwände – raumseitig mit Gipsfaserplatten verkleidet und zeigen einen weissen Abrieb. Am Boden liegt Parkett und auch die Fenster sind innen aus Holz, aussen aus Aluminium. Aussen sind die Geschossübergänge mit einem Aluminiumband zum Brandschutz abgedeckt. Dazwischen leuchten frische Lärchenbretter in horizontaler und vertikaler Verschalungsart. Die Gebäudebreite ist in hellgrauen Faserzementplatten ausgeführt. Die Fassadenelemente wurden im Werk fertig vorfabriziert. «Für die Aufrichte war ein Pneukran nötig, da das Gebäude breit und die Zufahrt nur von einer Seite möglich ist», sagt der junge Holzbautechniker Tobias Kübler. Um den Betrieb im Alterszentrum möglichst wenig zu stören, erfolgte die Erschliessung während der Bauzeit über eine neue Terrasse und eine temporäre Treppe auf der Westseite des Gebäudes. Das Alters- und Pflegezentrum war während der gesamten Bauzeit bewohnt und in vollem Betrieb. Die Aufrichte der beiden Geschosse dauerte fünf Wochen, mit dem Innenausbau und den Fassaden waren drei bis sechs Zimmerleute sieben Monate beschäftigt. Nach der Vollendung haben die Monteure die Treppe, die auch als Fluchttreppe während der Bauzeit diente, entfernt. Geblieben sind die Terrassen, die auf allen Geschossen einen zusätzlichen Aufenthaltsraum mit Aussicht auf den ländlichen Pfannenstiel bieten. Aus allen Zimmern blicken die Bewohner entweder in die Landschaft Pfannenstiel, zum Dorf oder zur Bergkette vom Säntis bis zu den Glarner Alpen.

Grundrisse übernommen

Das Gebäude aus dem Jahr 2009 ist etwa 57 Meter lang und 28,50 Meter breit. Den Grundriss bilden zwei fast quadratische Rechtecke mit je einem Lichthof. Pro Geschoss liegen 22 Zimmer den Fassaden entlang. Ein Einzelzimmer misst 25 Quadratmeter, eines mit Loggia 21 Quadratmeter. Zentriert angeordnet sind die Stationszimmer, Aufenthaltsräume und zusätzlichen Nasszellen. Die innere Struktur, der Innenausbau und die Materialisierung der beiden neuen Geschosse sind mit wenigen Abweichungen identisch mit dem Bestand. Den Zimmern der Ostfassade entlang haben die Architekten eine Loggia eingebaut. Dies ist eine elegante Lösung, um die neuen Schallschutzwerte erreichen zu können. Die bestehenden Geschosse wurden ebenfalls aufgefrischt. Neu ist die Demenzabteilung im Erdgeschoss des «Neubaus » untergebracht. Der Garten wurde für die Wahrnehmungen und Bedürfnisse dieser Bewohner gestaltet. Auch hier setzte sich der Geschäftsführer der Stiftung ein und organisierte dicke Kastanienstämme, um den mit Lot und Wasserwaage gestalteten Garten natürlich abzugrenzen. asaag.ch

Kübler AG Holzbau

In dritter Generation und mit aktuell 68 Mitarbeitenden ist die Kübler AG Holzbau in der Region Zürichsee und Oberland sowie darüber hinaus tätig. Das Unternehmen wurde 1926 gegründet und hat sich als regionales und überregionales Kompetenzzentrum für die Holzbearbeitung und das Bauen mit Holz spezialisiert. Die Dienstleistungen sind System- und Elementbau, konventionelle Holzbauten und die Holzbauplanung. Seit jeher gehört auch eine Abteilung Bodenbeläge zur Firma. Der 30-jährige Tobias Kübler lernte zuerst Hochbauzeichner und absolvierte nachher den Zimmermannsberuf. Dieser hat ihn nicht mehr losgelassen und er hängte gleich die Weiterbildung zum Holzbautechniker an. Sein Vater Willi Kübler, aktuell der Geschäftsführer, wird sich bald zurückziehen und den Betrieb seinem Sohn übergeben. Dieser holt sich noch das nötige Wirtschaftswissen mit dem Nachdiplom Betriebswirtschaft und ist motiviert, sich bis zum Holzbau-Meister weiterzubilden. Die Kübler AG Holzbau feiert nächstes Jahr ihr 100-jähriges Bestehen. www.kuebler-holzbau.ch

Massivholzdecken

Die TS3-Technologie verbindet Brettsperrholzplatten zu massiven, zweiachsig tragenden Deckenplatten. Die Holzplatten werden mit Giessharz stirnseitig verklebt. Es sind keine Stützen oder Unterzüge mehr notwendig. Diese punktgestützten Flachdecken ermöglichen ein frei positionierbares Stützenraster von bis zu 8 auf 8 Metern und damit eine flexible Raumnutzung. Die Deckenplatten werden nach der Vorgabe von TS3 zugeschnitten und die Stirnseiten, die verklebt werden, vorbehandelt. Die Monteure legen die Platten auf Spriesswinden und decken die Stösse provisorisch ab. Ein Mitarbeiter von Timbatec schiesst mit einer Spezialpistole das dickflüssige Harz in die vorbereiteten Löcher, die schräg von oben zur Stirne führen. Durch diese präzise angelegten Kanäle fliesst das Harz zur Deckenstirne und schliesst die Fuge. Nach ein paar Stunden ist das Harz getrocknet, das Klebeband kommt weg und die Einschusslöcher werden zugestöpselt. Die Fugen sind am Schluss fast nicht mehr erkennbar. ts3.biz